11. Stadtentwicklung & Wohnen

Globale Dynamik

Weltweit stehen Städte vor tiefgreifenden Herausforderungen: Die Urbanisierung schreitet voran, der Wohnraum wird knapper, Bodenpreise steigen, soziale Ungleichheiten nehmen zu. Gleichzeitig wird die Stadt zunehmend als Ort nachhaltiger Lebensstile, kreativer Innovationen und gemeinschaftlicher Lebensformen neu gedacht. Globale Diskussionen kreisen um die Frage, wie verdichtete, resiliente und lebenswerte Städte gestaltet werden können. Die Vereinten Nationen sehen in der Gestaltung nachhaltiger Siedlungen (SDG 11) eine Schlüsselaufgabe für die Zukunft.

Der Trend „Stadtentwicklung & Wohnen“ gehört zum Trendcluster „Lebensqualität, Gesundheit & Nachhaltigkeit“

Relevanz für Weilheim

Weilheim steht als wachsende Stadt in einem Spannungsfeld zwischen Wohnraumbedarf, Flächenknappheit, Klimazielen und sozialer Durchmischung. Die Nachfrage nach Wohnraum ist hoch, die Flächen begrenzt. Gleichzeitig steigt der Druck auf bestehende Infrastrukturen und soziale Ausgleichssysteme. In den letzten Jahren hat Weilheim wichtige Schritte unternommen: Ein integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) liegt vor, erste Quartiersentwicklungen wie im Bereich St. Pölten zeigen neue Wege auf. Der Flächennutzungsplan wurde überarbeitet.

Doch die Umsetzung bleibt anspruchsvoll. Die Stadt ist aufgefordert, nicht nur neuen Wohnraum zu schaffen, sondern diesen klimagerecht, sozial ausgewogen und städtebaulich qualifiziert zu entwickeln. Gleichzeitig gilt es, vorhandene Potenziale zu aktivieren: Leerstände, Nachverdichtung, Umnutzung großer Einfamilienhäuser – auch mit Blick auf den demografischen Wandel. Die Frage, wie „Wohnen“ als Teil eines lebendigen Stadtorganismus funktioniert, stellt sich immer wieder neu: Wie kann bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, ohne Ortsbild und Lebensqualität zu verlieren? Wie lassen sich generationsübergreifende Wohnmodelle, inklusive Quartierskonzepte und quartiersbezogene Versorgung (z. B. mit Kindergärten, Pflegeangeboten oder Kultur) integrieren?

Auch die Innenstadt ist Teil dieser Entwicklung: Die Bindung von Handels- und Gastronomiestrukturen, die Nutzungsvielfalt von Erdgeschosszonen, die Aufwertung öffentlicher Räume und das Zusammenspiel mit neuen Mobilitätskonzepten gehören zu den zentralen Herausforderungen. Die Stärkung urbaner Qualität bedeutet dabei nicht nur funktionale Verbesserung, sondern auch die Wiedergewinnung von Identität und Aufenthaltsqualität.

Die Sozialraumanalyse zeigt: In Weilheim gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Quartieren, was Bildungszugang, Gesundheitsversorgung, Einkommen oder Teilhabemöglichkeiten betrifft. Das spricht für eine integrierte, quartierbezogene Stadtentwicklung, die unterschiedliche Bedarfe erkennt und adressiert. Ziel muss eine Stadt sein, die Vielfalt zulässt, aber nicht in Fragmentierung abgleitet.

Die Wohnbaupolitik muss in Zukunft deutlich flexibler werden. Neue Bauformen wie Clusterwohnen, gemeinschaftliches Bauen, Wohnungsgenossenschaften oder Konzeptvergaben können Vielfalt schaffen und gleichzeitig soziale Integration fördern. Klimaschutz und Energieeffizienz werden zu zentralen Leitlinien – sowohl im Neubau als auch in der Sanierung des Bestands. Die Herausforderungen: steigende Baukosten, Zielkonflikte zwischen Klimaschutz und Bezahlbarkeit, begrenzte Förderkulissen.

Zwischenfazit

Stadtentwicklung ist mehr als Bauleitplanung: Sie ist ein strategischer Prozess, der soziale, ökologische und wirtschaftliche Ziele in Einklang bringen muss. Für Weilheim liegt darin die Chance, als wachsende Stadt Qualität statt nur Quantität zu schaffen – mit kreativen Konzepten, starken Allianzen und einem klaren Blick auf das Gemeinwohl.

Offene Fragen

  • Wie lassen sich komplexe Planungsprozesse demokratisch gestalten?
  • Welche Anreize für kreative Wohnformen können Kommunen schaffen?
  • Wie gelingt der Spagat zwischen Verdichtung und Lebensqualität?

Akteure

Stadtverwaltung (Bauamt, Stadtplanung, Liegenschaftsamt); Wohnungswirtschaft & Baugenossenschaften; Agenda, Architekturszene & Stadtgesellschaft; Sozialverbände, Nachbarschaftsinitiativen, Bildungseinrichtungen; Regionale Planungsgemeinschaft, Landkreis, Freistaat Bayern

Handlungsfelder

Bezahlbares Wohnen und Klimaschutz zusammen denken; Nutzungsmischung, Mobilität und Aufenthaltsqualität im Zentrum; Umgang mit begrenztem Boden und steigenden Baukosten; Stadtentwicklung als soziale Aufgabe begreifen

Stärken

  • Hohe Lebensqualität
  • Attraktives Stadtbild
  • SOBON-Beschluss der Stadt WM (Sozialorientierter Wohnungsbau)

Schwächen

  • Einfamilienhäuser
  • Steinerne Stadt

Chancen

  • Generationen-übergreifende Wohnformen fördern
  • Aufenthaltsqualität verbessern
  • Schwammstadtkonzept
  • Strategische Bodenvorratspolitik

Konkrete Maßnahmen

  •  Mehr Mehrgenerationen-Wohnen mit Quartiersmanagement (wie z. B. am Paradeis oder Bahnhofsgasse
  • (Um-)Bauprojekte „Senioren-WGs“
  • Wohnraumbörse und Vermittlung familien- und altersgerechten Wohnraums
  • Sozialarbeiter:innen als Wohnungsvermittler
  • Wissens- und Betreuungstausch zwischen Generationen (z. B. Leih-Oma/Opa, gegenseitiges Lernen)
  • Business-Angels: Ältere Menschen helfen jungen Gründer:innen
  • Alleinstehende im Sozialraum einbinden (z. B. über Ehrenamt)
  • Zusatzangebote aus Vereinen (z. B. Einkaufshilfen), Nachbarschaftshilfe
  • Formate der Jugendbeteiligung (Jugendparlament, Schulprojekte, Vereinsarbeit)
  • Angebote für Kinder statt reiner Betreuung
  • Kinderbetreuung trotz hoher Kostenweiter fördern
  • Jugendliche zum Hierbleiben motivieren (z. B. durch Ausbildung, kulturelle Angebote, Vereinsbindung)
  • Naturfreunde-Haus wieder als Begegnungsort
  • Weilheimer-Währung für Tätigkeitsbörsen (z. B. Wohntausch, Nachbarschaftshilfe
  • Plattformen und Angebote für alle Generationen besser vernetzen