1. Demografischer Wandel & Generationen

Globale Dynamik

Weltweit verändert sich die Altersstruktur. In Industrieländern wie Deutschland altert die Bevölkerung rapide, während gleichzeitig die Geburtenrate sinkt. In anderen Regionen wächst die junge Bevölkerung. Diese Entwicklungen haben tiefgreifende Auswirkungen auf Arbeitsmärkte, soziale Sicherungssysteme, Wohnformen und die öffentliche Daseinsvorsorge. Der Klimawandel, Migration, internationale Bildungsströme und geopolitische Krisen beschleunigen die Dynamik. Während einige europäische Länder wie Schweden oder die Niederlande bereits erprobte Modelle zur Förderung des aktiven Alterns, der Fachkräfteintegration und generationengerechter Stadtplanung entwickelt haben, stehen viele Kommunen in Deutschland noch am Anfang eines systematischen Umgangs mit dem demografischen Wandel.

Der Trend „Demografischer Wandel & Generationen“ gehört zum Trendcluster „Gesellschaft & Werte“

Wie gelingt gesellschaftlicher Zusammenhalt in Zeiten des Wandels? Dieses Cluster beleuchtet, wie sich Zusammenleben, Kommunikation und Zugehörigkeit verändern – etwa durch demografische Verschiebungen, neue Medienwelten und einen kulturellen Wertewandel. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie wir Vielfalt leben, Demokratie stärken und neue Formen des Miteinanders gestalten können.

Relevanz für Weilheim

Weilheim erlebt den Wandel konkret: Die Bevölkerung wird älter, zugleich ziehen junge Familien, Pendler:innen und internationale Zugewanderte zu. Daraus entstehen neue Anforderungen – vom Ausbau frühkindlicher Bildung über Ganztagsangebote bis zu altersgerechtem Wohnen und Pflege. Die Sicherung sozialer Berufe, von Erzieher:innen bis Pflegekräften, erfordert langfristige Planung und strategischen Mitteleinsatz. Laut Bevölkerungsprognose wird sich der Anteil der über 65-Jährigen bis 2038 deutlich erhöhen, während die Zahl der unter 6-Jährigen leicht wächst – ein Hinweis auf gleichzeitig steigenden Bedarf an Kinderbetreuung und seniorengerechten Angeboten.

Viele Vereine und Gruppen in Weilheim berichten über Überalterung und Nachwuchsmangel. Gleichzeitig engagieren sich ältere Menschen aktiv, etwa in der Flüchtlingshilfe oder Nachbarschaftsarbeit. Hier liegen noch ungenutzte Potenziale. Generationenübergreifende Modelle wie „Zeit gegen Zeit“ oder „Digitalhilfe gegen Alltagsbegleitung“ eröffnen neue Perspektiven für Zusammenhalt und gegenseitiges Lernen. Auch Ansätze wie eine Leih-Oma/Opa-Börse, generationenverbindende WGs oder ein lokaler Zeit- und Tätigkeitsmarktplatz könnten Impulse für neue Formen des Miteinanders liefern.

Die Sozialraumanalyse zeigt stabile soziale Strukturen, aber auch Herausforderungen in einzelnen Quartieren, etwa im Bereich gesundheitlicher Versorgung und sozialer Teilhabe. Die Förderung einer politischen Kultur, die gegenseitigen Respekt zwischen den Generationen stärkt, kann helfen, soziale Spannungen zu vermeiden und das Potenzial des demografischen Wandels konstruktiv zu nutzen.

Seniorengerechter Wohnraum ist Mangelware, altersgerechtes Wohnen zunehmend eine Frage des Geldbeutels. Gleichzeitig leben viele ältere Menschen in Einfamilienhäusern, die bald vererbt werden. Daraus ergeben sich Chancen für alternative Wohnmodelle. In Weilheim entstehen bereits erste Ansätze – etwa das MARO-Haus am Paradeis oder der Neubau beim Bürgerheim. Solche Projekte werfen Fragen auf: Wie kann generationengerechtes Wohnen weitergedacht werden? Welche Rolle könnten Wohnraumbörsen, Umbauhilfen oder Nachbarschaftsplattformen spielen? Auch die Entwicklung einzelner Quartiere (aktuell etwa St. Pölten) könnte neue Impulse für gemeinschaftliche Wohnformen bieten. Beispiele aus anderen Städten zeigen, wie wichtig gezielte Informations- und Vermittlungsangebote sind, um private Wohnreserven zu aktivieren.

Weilheim konkurriert im europäischen Maßstab um Talente. Um Fachkräfte zu halten und anzuziehen, braucht es attraktive Rahmenbedingungen – bezahlbaren Wohnraum, gute Infrastruktur, Kinderbetreuung, kulturelle Vielfalt und Bildungsmöglichkeiten. Zugleich sollte die Qualifizierung Zugewanderter gezielt gefördert werden. Die Sozialraumanalyse zeigt hier Potenziale, insbesondere durch bessere Vernetzung von Bildungs-, Sprach- und Integrationsangeboten. Auch der Breitensport spielt hier eine Rolle. Besonderes Augenmerk verdient die zunehmende Arbeitsmigration aus Südost- und Osteuropa – durch bilaterale Vereinbarungen und vereinfachte Visa-Verfahren entstehen hier neue Spielräume für lokale Fachkräftestrategien.

Langfristige Szenarien helfen, kommunale Investitionen zukunftsfest auszurichten. Je nach Entwicklung (Geburten, Zuzug, Integration) variiert der Bedarf an Bildungsplätzen, Wohnraum, Pflege und Daseinsvorsorge erheblich. Die Bevölkerungsprognose unterscheidet zwischen drei Entwicklungspfaden – das mittlere Szenario geht von moderatem Wachstum aus. Hier braucht es belastbare Planungsgrundlagen und die Beteiligung von Investor:innen an den Folgekosten. Gleichzeitig wird es wichtiger, kommunale Steuerung nicht nur als Verwaltung, sondern als strategische Gestaltung zu begreifen – mit langfristiger Zielorientierung und ressortübergreifender Koordination.

Zwischenfazit

Der demografische Wandel fordert Weilheim heraus – aber er eröffnet auch Gestaltungschancen. Die demografischen Entwicklungen wirken tief in nahezu alle kommunalen Aufgabenbereiche hinein – von Bildung über Wohnen bis zur sozialen Teilhabe. Die Herausforderung besteht darin, generationengerechte Lösungen zu entwickeln, die sowohl die Bedürfnisse älterer Menschen berücksichtigen als auch Perspektiven für junge Familien und Fachkräfte schaffen. Wenn es gelingt, soziale Infrastrukturen vorausschauend auszubauen, intergenerationelle Potenziale zu heben und Zuwanderung aktiv zu gestalten, kann Weilheim langfristig resilient und zukunftsfähig bleiben.

Offene Fragen

  • Wie können sich die Generationen gegenseitig unterstützen?
  • Welche Rolle können ältere Menschen künftig im Gemeinwesen spielen?
  • Wie können Arbeitsmigration und kommunale Bedarfe besser miteinander abgestimmt werden?

Akteure

Stadtverwaltung, Träger sozialer Dienste, Schulen; Agenda, Seniorenvertretungen, Bürgerheim, Wohnungswirtschaft, Vereine, Integrationsbeauftragte, Wirtschaftsförderung

Handlungsfelder

Fachkräftemangel, Bildungsinfrastruktur, Generationengerechtigkeit; Integration, altersgerechtes Wohnen, intergenerationelle Solidarität; Strategische Steuerung von Wachstum und Infrastruktur

Stärken

  • Gute Gesundheitsversorgung
  • Vielfalt an Vereinen und sozialen Einrichtungen
  • Neubau eines Mehrgenerationenhauses durch das Bürgerheim (Betreutes Wohnen & Mitarbeiterwohnungen) in der Bahnhofsgasse
  • MARO-Mehrgenerationenhaus am Paradeis (nachbarschaftliches, inklusives Wohnen)
  • Begegnungsorte Café Verweilheim, Höck-Stüberl, Mehrgenerationenhaus Caritas
  • generationsübergreifende 72-Stunden Aktion BdKJ (Katholische Jugend)
  • WM-Skateplatz wurde mit Beteiligung junger Menschen organisiert
  • Veranstaltungsportal der Stadt Weilheim
  • Zuwanderung als positiver Faktor

Schwächen

  • Wohnraumknappheit (junge Familien, ältere Menschen)
  • Single-Wohnungen teuer/nicht verfügbar
  • Leere Wohnungen werden nicht vermietet
  • Wenige Junge, viele Alte
  • Baby-Boomer gehen in den nächsten Jahren in Rente: Nachwuchsmangel im Pflegebereich
  • Mangelnde altersgerechte Infrastruktur
  • Mehrgenerationen-Haus in WM gescheitert?
  • Jugend wenig Gehör (kein Sprachrohr); Orte für Jugendliche mit Nachbar-Widerspruch
  • Starlight-Kino als prekärer Treffpunkt
  • Zuwanderung als negativer Faktor

Chancen

  • Generationenübergreifende Wohnprojekte
  • Altersgerechte Dienstleistungen
  • Gegenseitige Unterstützung in Wohnsituation (weniger Einsamkeit)
  • Fähigkeit und Potential der Älteren nutzen
  • Beteiligung junger Menschen stärken
  • Eine attraktive Wirtschaft hält junge Menschen am Ort
  • Pflegebedarf rechtzeitig und lokal decken
  • Generationenübergreifendes Engagement fördern
  • Ehrenamt und soziale Netzwerke im Quartier ausbauen
  • Zuwanderung als Ressource verstehen

Konkrete Maßnahmen

  •  Mehr Mehrgenerationen-Wohnen mit Quartiersmanagement (wie z. B. am Paradeis oder Bahnhofsgasse
  • (Um-)Bauprojekte „Senioren-WGs“
  • Wohnraumbörse und Vermittlung familien- und altersgerechten Wohnraums
  • Sozialarbeiter:innen als Wohnungsvermittler
  • Wissens- und Betreuungstausch zwischen Generationen (z. B. Leih-Oma/Opa, gegenseitiges Lernen)
  • Business-Angels: Ältere Menschen helfen jungen Gründer:innen
  • Alleinstehende im Sozialraum einbinden (z. B. über Ehrenamt)
  • Zusatzangebote aus Vereinen (z. B. Einkaufshilfen), Nachbarschaftshilfe
  • Formate der Jugendbeteiligung (Jugendparlament, Schulprojekte, Vereinsarbeit)
  • Angebote für Kinder statt reiner Betreuung
  • Kinderbetreuung trotz hoher Kostenweiter fördern
  • Jugendliche zum Hierbleiben motivieren (z. B. durch Ausbildung, kulturelle Angebote, Vereinsbindung)
  • Naturfreunde-Haus wieder als Begegnungsort
  • Weilheimer-Währung für Tätigkeitsbörsen (z. B. Wohntausch, Nachbarschaftshilfe
  • Plattformen und Angebote für alle Generationen besser vernetzen